Ort, Kanton | Mürren, BE | Koord. Talstation | 632.097/156.805 ; 2677 m.ü.M | Koord. Bergstation | 630.417/156.296 ; 2970 m.ü.M |
| Einstufung | National | Besuch | 10.09.2009 tb | Inventar | 23.11.2010 zk |
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71.076 | P-100 | Stechelberg - Gimmelwald - Mürren, Mürren | | |
| Baujahr | 1967 | Erstinbetriebsetzung | 1967 | Umbauten | 1980; 1995; 1997 |
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Situation
Beschreibung der Anlage
Die auf dem Gebiet der politischen Gemeinde Lauterbrunnen angelegte Schilthornbahn wurde aufgrund von verkehrstechnischen Bedürfnissen (Erschliessung des Dorfes Gimmelwald), aber auch zur Entwicklung des Fremdenverkehrs (Kurort Mürren) sowie zur Erschliessung eines der schönsten Aussichtsgipfels des Berner Oberlands errichtet. Die Bahn verbindet das Dorf Gimmelwald auf 1'286 m ü. M. einerseits mit der Ortschaft Stechelberg zu hinterst im Lauterbrunnental auf 867 m ü. M., und anderereits mit dem Kurort Mürren auf 1'638 m ü. M. (71.076). Diesem ersten Abschnitt schliessen zwei weitere Sektionen an, nämlich Mürren-Birg (71.077) und Birg-Schilthorn. Die Gesamtanlage setzt sich aus drei verschiedenen Bahnsystemen zusammen.
Die Talstation Birg, wo zugleich auch die Bergstation der unteren Sektion angeordnet ist, steht auf dem markant aufragenden Felskopf Birg auf 2'677 m ü. M.. Dieser Bahnabschnitt ist aus seilbahntechnischer Sicht als einspurige Pendelbahn mit zwei Tragseilen ausgeführt. Die vom Birg aus in südwestliche Richtung führende Linie erstreckt sich über 1'766 m und endet auf der Kuppe des Mürren-Schilthorns auf 2'970 m ü. M.. Sie ist mit einer, unmittelbar vor der Bergstation platzierten Stahl-Fachwerkstütze ausgestattet und überwindet die im Vergleich zu den unteren Abschnitten geringe Höhe von nur 293 m. Die Antriebsgruppe mit einem Motor von 1997 befindet sich in der Station Birg, wo auch die Abspannungsvorrichtung der Tragseile angeordnet ist; in der Gegenstation ist die Zugseilspannvorrichtung untergebracht. Das Fahrbetriebsmittel wurde unter Beibehaltung des originalen Fachwerkgehänges einschliesslich Fangbremsen 1995 ersetzt (Kabine: Gangloff; Laufwerk: Garaventa). Während die Fernüberwachungsanlage noch von 1967 stammt, wurden Steuerung und Kopierwerk 1980 ausgewechselt.
Charakteristisch für die Schilthornbahn war und ist neben der seilbahntechnischen Leistungen auch die hohe bautechnische Qualität der Hoch- und Tiefbauten der gesamten Seilbahnanlage. Die in anspruchsvollem, alpinem und hochalpinem Gelände ausgeführten Bauwerke zeugen trotz der jüngeren An- und Umbauten von einem gekonnten Dialog zwischen architektonischem Ausdruck und (seilbahn-)technischer Anforderung und zeichnen sich durch eine gleichzeitig einheitliche und differenzierte Formensprache aus.
1968 wurde der Bergkuppe mit dem Bau des an der Bergstation andockenden Gipfelrestaurants eine markante Krone aufgesetzt: Das aufgrund der Buchvorlage "Piz Gloria" benannte, in Form eines Rundbaus ausgeführte und vom Architekten Konrad Wolf aus Bern entworfene Bergrestaurant ist mit einem für die Erbauungszeit innovativen, von den Fernsehtürmen übernommenen Drehmechanismus versehen. Noch vor der offiziellen Eröffnung dienten die Schilthornbahn und das „Piz Gloria“ dem James Bond-Film "On her Majesty's Secret Service" als spektakuläre Kulisse und erlangten in der Folge Weltruhm. Die futuristische Architektur des Drehrestaurants verkörperte exemplarisch die für die späten 1960er-Jahre charakteristische Technik- und Fortschrittsgläubigkeit. Das Drehrestaurant wurde im Rahmen des Gipfelausbaus (1985-1992) um einen Ring erweitert und mit einem Annex über polygonalem Grundriss ergänzt.
Gesamtwürdigung
Seit 1967 ist das Schilthorn, mit 2973 Metern der höchste Gipfel der Berner Voralpen, durch mehrere aufeinander folgende Pendelluftseilbahnen in besonderer Anordnung von Stechelberg aus erschlossen: Der erste Abschnitt Stechelberg – Gimmelwald und Gimmelwald – Mürren wurde in V-Form mit einer in der Schweiz einzigartigen, spitzwinkligen Umlenkdisposition in der Zwischenstation realisiert; zum Gipfel folgen die Sektionen Mürren – Birg und Birg – Schilthorn. Die ersten zwei Sektionen konnten bereits 1965 eröffnet werden, die letzte Sektion zum Gipfel wurde 1967 in Betrieb genommen. Die Schilthornbahn, eine Kombination von Touristenbahn und öffentlichem Verkehrsmittel zur Erschliessung der Orte Gimmelwald und Mürren, wurde bei ihrer Erstellung als imponierende Leistung im Seilbahnbau gewürdigt und galt auch im internationalen Vergleich als Werk der Superlative. Sie war zu diesem Zeitpunkt die längste Seilbahn der Schweiz und stellte knapp 60 Jahre nach Inbetriebnahme des Wetterhornaufzugs (1908) einen weiteren Höhepunkt in der Geschichte des mechanisierten Alpentourismus und zugleich einen ebenso wichtigen Meilenstein der Herstellerfirma Von Roll dar. Charakteristisch für die Schilthornbahn ist neben der seilbahntechnischen Leistungen auch die hohe bautechnische Qualität der Hoch- und Tiefbauten. Die in anspruchsvollem, alpinem und hochalpinem Gelände ausgeführten Bauwerke zeugen trotz der jüngeren An- und Umbauten von einem gekonnten Dialog zwischen architektonischem Ausdruck und (seilbahn-)technischer Anforderung und zeichnen sich durch eine gleichzeitig einheitliche und differenzierte Formensprache aus.
Bewertung
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Konzeption | | |
Erschliessungsidee (Vision) | | oberste Sektion der Schilthorn-Gipfel-Bahn; Aufbau Skigebiet Schilthorn mit Gipfelrestaurant u. Engetal |
Linienführung: Planung, Umsetzung | | verbindet den Berggipfel Birg mit dem Schilthorn in einem langen, zu Beginn sinkenden Seilfeld; nur eine Einfahhrtsstütze |
Seilbahntechnik | | |
besondere oder typische tech. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialien | | einspurig; Antrieb in Talstation; Gewichtsabspannungen (Tragseil in Talstation, Zugseil in Bergstation); Fahrzeug mit relativ kurzem Fachwerk-Gehänge; konische Fachwerkstütze |
seilbahntechnische Bedeutung: Prinzip, Hersteller | | Teil des Prestigeobjekts der Fa. Von Roll, relativ frühe Grosskabinenbahn: ursprüngliches Projekt mit drehbarer, doppelstöckiger Kabine; Teilsektion der zur Erstellungszeit insgesamt längsten Luftseilbahn der Welt; die Kabinen gehörten zur Erbauungszeit schweizweit zu den Fahrbetriebsmitteln mit dem grössten Fassungsvermögen |
Baukunst: Streckenbauwerke, Hochbauten | | |
Ingenieurbau | | sowohl für die Seilbahntechnik als auch für die Hochbauten anspruchsvolle Bedingungen; hochalpine Bauwerke |
Architektur | | als Gipfelabschluss ausformuliert: polygonaler Grundriss, Zeltdach; Auszeichnung des Gipfels; Bergstation hebt sich sowohl hinsichtlich Materialisierung als auch in Bezug auf die Formensprache von den übrigen Stationsbauten ab |
besondere oder typische arch. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialien | | Stahlkonstruktion mit Durisolplattenverkleidung; Drehrestaurant im Rahmen des Gipfelausbaus (1985-1992) um einen Ring erweitert; Annexplattform mit ebenfalls polygonalem Grundriss |
bautypologische Bedeutung | | Kombination Bahnstation- u. Restaurant; Gipfelarchitektur; spezifisch u. differenziert ausformulierte, aus der Erstellungszeit Anlagekomponenten; nachträgliche Ergänzungen u. Einbauten |
Authentizität: materielle, ideelle Überlieferung | | |
Umfang und Qualität der ursprünglichen Komponenten | | seilbahntechnisches Grundprinzip u. Linienführung, Getriebe u. Stützen erhalten |
Qualität der Nachrüstungen | | Steuerung u. Kopierwerk bereits 1980 ersetzt; Haupterneuerungsphase 1995: zahlreiche Komponenten wegen Leistungssteigerung erneuert (Antrieb, Kabinen) |
funktionale Unversehrtheit | | nach wie vor stark beanspruchte Touristenbahn |
Kulturgeschichte | | |
Personen, Firmen, Institutionen | | bedeutendes Von Roll-Projekt; hervorragende Leistung des renommierten Von Roll-Ingenieurs Paul Zuberbühler |
Wirtschaft, Tourismus, Verkehr, Militär | | wesentlicher Impuls u. notwendige Investition für den in der Entwicklung stagnierenden – autofreien – Kurort Mürren; James Bond-Drehort – weltbekannte Marke |
Räumliche Situation | | |
Berücksichtigung der Landschaft, der natürlichen Umgebung, des urban. Kontexts | | über Krete, Abschluss Schilthorngipfel |
Infrastruktur | | |
touristische/betriebliche Infrastruktur | | Drehrestauranttrakt u. Aussichtsterrasse in Bergstation; Restauranttrakt u. Aussichtsterrasse in Tal- bzw. Zwischenstation; Teilsektion der Gipfelbahn; Skipiste |
Verkehrsnetze | | untere Teilsektionen: oberste Sektion der Gesamterschliessung von Stechelberg zum Schilthorn |
Anhang 1: Technische Daten
Anhang 2: Apparat
Bundesinventare |
- | KGS 2009 | Objekt-Nr.: 9918 Luftseilbahn Stechelberg - Schilthorn, Kat. A |
Kantonale Inventare |
- | BE: Kantonales Bauinventar, Gemeinde Lauterbrunnen, Schilthorn, Panoramarestaurant und Seilbahnstation | schützenswert |
Archive |
- | SWA BS Verkehr B 623 (Schilthorn AG Mürren) |
Literatur |
- | Welz, Alfons: Die Schilthornbahn. In: Glasers Annalen. Zeitschrift für Eisenbahnwesen und Verkehrstechnik, 91(1967) Nr. 5, p. 145–150 |
- | Gruner, Georg; Stöcklin, Fritz; Zuberbühler Paul: Die Schilthornbahn. Eine Luftseilbahn im Berner Oberland, in: Schweizerische Bauzeitung SBZ, vol. 85(1967), p. 497-506 |
- | Bernet, Daniel: Von Morgan bis Bond - Schilthornbahn 1959-1969, in: Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde, 70. Jg.(2008), H. 3, p. 1-53 |
e-docs |
- | http://www.seilbahntechnik.net/de/lifts/1720/datas.htm |
- | http://www.remontees-mecaniques.net/bdd/reportage-1530.html |
- | http://www.bzgh.ch/3_08/bernet.pdf |
Anhang 3: Jahrzahlen der Komponenten
Anhang 4: Relationen
Anhang 5: Bildauswahl