Ort, KantonDavos, GR
Koord. Talstation787.560/186.435 ; 1808 m.ü.M
Koord. Zwischenst.788.510/186.880 ; 2250 m.ü.M
Koord. Bergstation789.276/187.236 ; 2491 m.ü.M
EinstufungNational
Besuch18.08.2009 eb
Inventar23.11.2010 zk

BetreiberinSportbahnen Pischa
HerstellerVon Roll

Baujahr1967
Erstinbetriebsetzung1967
Umbauten1967
Talstation, Kabine

Situation

Beschreibung der Anlage

Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wandelte sich das bäuerliche Dorf Davos im Bündner Landwassertal zum weltbekannten Luftkurort. Der Bau der Eisenbahnlinie von Landquart nach Davos und deren Eröffnung 1890 beschleunigte die Entwicklung des Ortes. Nachdem gegen Ende des 19. Jahrhunderts Bobfahren sowie Eis- und Skilaufen immer beliebter wurden, entwickelte sich Davos zu einem Wintersportzentrum. Im Jahr 1934 wurde auf Bolgen der erste Skilift der Welt in Betrieb genommen (1967 ersetzt). Das Kernskigebiet von Davos bildete sich am Jakobshorn südöstlich von Davos Platz; zu den von Davos aus früh erschlossenen Gipfeln zählt auch das Weissfluhjoch in den Plessur-Alpen nordwestlich des Dorfzentrums. Anfangs der 1960er-Jahre beabsichtigte die AG Davos-Parsenn-Bahnen zur Entlastung ihrer Hauptanlagen während der Hochsaison, ein vollkommen neues, vom Flüelatal aus erschlossenes Ski- und Wandergebiet an den sonnenreichen, nach Südwesten orientierten Hängen des Flüelabergs respektive des Pischahorns einzurichten.
Ein erstes, von den Davos-Parsenn-Bahnen 1963 bei den eidgenössischen Behörden eingereichtes Projekt für den Bau einer als Dreisektionen-Anlage konzipierten Luftseilbahn zum Pischahorn wurde zurückgezogen, weil das Militärdepartement für den oberen, für Schiessübungen genutzten Bereich strenge Auflagen festlegte. Daraufhin wurde ein reduziertes Projekt für eine Luftseilbahn mit nur noch zwei Sektionen bis zum Pischagrat weiter verfolgt. In dieser Form wurde den Gesuchsstellern die Konzession erteilt. Nachkalkulationen zeigten auf, dass auch die Zweisektionen-Anlage nicht wirtschaftlich war, so dass vorerst – unter Abänderung der ursprünglich festgelegten Linienführung – nur eine Sektion zum Mitteltälli unterhalb des Pischagrats in Angriff genommen wurde. Für die Ausführung und den Betrieb der neuen Pischabahn konstituierte sich 1965 als Tochter der Parsennbahn die Sportbahnen Pischa AG.
Weil das Flüelatal zum Zeitpunkt der Projektierung noch über keine elektrische Leitung verfügte, mussten zunächst noch Basisinfrastrukturen eingerichtet werden. Für die Talstation wurde eine Position in der Örtlichkeit Dörfji an der Flüelapass-Strasse auf 1'808 m ü. M. festgelegt. Die Bahnlinie der 1967 von Von Roll, Bern fabrizierten und aufgestellten zweispurigen Personenpendelbahn erstreckt sich von der rechten Talseite in nordöstlicher Richtung hinauf auf 2'491 m ü. M. zum Mitteltälli. Die 2'017 m lange Strecke verläuft parallel zum Engitobel, durchschneidet im unteren Abschnitt ein kleinflächiges Waldstück und steigt schliesslich über weitläufige Alpweiden mit gleichmässigem Gefälle hinauf zum Endpunkt. Entlang der sich aus zwei Tragseilen zusammensetzenden Fahrspuren stehen fünf Stahlfachwerk-T-Stützen mit konisch ausgeführtem Schaft. Die Stütze Nr. 3 ist mit einer Zugangs- respektive Ausstiegspasserelle für die Bewirtschaftung der Weiden versehen.
Wegen des sumpfigen Baugrunds konnte in der Talstation nur der Antrieb angelegt und die Abspannungsvorrichtungen mit den Spanngewichten mussten daher in der Bergstation eingerichtet werden. Die beiden Fahrzeuge, an denen für 100 Personen dimensionierte, jedoch nur für 85 Passagiere zugelassene und mit Wassertänken versehene Grossraumkabinen der Firma SIG Neuhausen befestigt sind, fahren mit Laufwerken, die berg- und talseitig mit Fangbremsen ausgerüstet sind, auf zwei Tragseilen. Die vergleichsweise kurzen Gehänge sind leichte und elegante Fachwerkkonstruktionen aus Stahlblechen und Rundrohren. Bei der Pischabahn kam schweizweit erstmals eine Tonfrequenz-Multiplex-Fernsteuerung zum Einsatz.
Die Stationskomponenten sowie die Zu- beziehungsweise Aussteigeeinrichtungen sind in Stationsgebäuden untergebracht, deren Baukörperform – Kopfbauten unter Pultdach – sich wesentlich von der Funktion ableitet und einer zeittypisch kargen und sachlichen Betonarchitektur verpflichtet ist. Die vom Davoser Architekten Gian Gross entworfenen Stationsbauwerke sind sowohl im Tal als auch auf dem Berg in eine ausgedehnte bauliche Infrastruktur, zu der unter anderem auch ein Parkhaus und ein Berggasthaus zählen, eingegliedert. Die beiden Komplexe sind kaum verbaut und verkörpern die von klaren Formen geprägte Architektur der 1960er-Jahre exemplarisch.


Gesamtwürdigung

Die Pischabahn präsentiert sich mit Ausnahme der Fernüberwachungsanlage (ersetzt 1984) heute noch im originalen Zustand von 1967. Als schweizweit älteste integral erhaltene zweispurige Von Roll-Personenpendelbahn im Segment der Grossraumbahnen ist sie von hohem seilbahngeschichtlichem Wert. Sämtliche ihrer Systemkomponenten sind charakteristischer Ausdruck für den Technik-Standard und die Ästhetik jener zahlreichen Pendelbahnen, die Von Roll in der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre ausführen konnte und die mit der Schilthornbahn (vgl. 71.076/077/078) Weltruhm erlangt hatten. Die Projektierung und Ausführung der Bahn ist auch im Kontext des in den späten 1960er- und frühen 1970er-Jahren herrschenden Bahnbooms und der gewaltigen Investitionen im Bereich des Fremdenverkehrs zu sehen: Der ungebremste Optimismus und das sich in der markanten Situierung in der Landschaft manifestierende Anything goes wurde erst mit dem Einbruch der Konjunktur anlässlich der Ölkrise von 1973 gebremst.


Bewertung

Konzeption
Erschliessungsidee (Vision)sehr hochtotale Neuerschliessung eines grossflächigen Skigebiets am Südwesthang des Flüelabergs; Neuanlage der touristischen Boomzeit vor dem Einbruch der 1970er-Jahre (Ölkrise); die ursprünglich als Zweisektionenbahn mit Bergstation auf dem Pischahorn (2908 m ü. M.) konzipierte Anlage sollte der Entlastung von Davos (Parsenn) dienen
Linienführung: Planung, Umsetzungsehr hochsowohl in Bezug auf technische Anforderungen als auch hinsichtlich Nutzung ideale Linienführung: völlig unverbautes, sich mehrheitlich oberhalb der Waldgrenze befindendes Gelände; Ausgangspunkt an der Flüelastrasse (Parkplätze), Endstation unterhalb Gratlinie, am Rand des gleichmässig ansteigenden Gebiets
Seilbahntechnik
besondere oder typische tech. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialienherausragendklassische zweispurige Von Roll-Grosskabinenbahn mit zwei Tragseilen/Spur; auf Massentourismus konzipiert (Typ Schilthornbahn); elegante, filigrane Fachwerkkonstruktionen (Stützen, Gehänge); eher unübliche Anordnung: Antrieb in Talstation (wegen sumpfigem Terrain), in Bergstation Spanngewichte von Trag- u. Gegenseil; Kabinen ohne automatische Türen u. mit fest angebrachtem Wassertank; bei dritter Stütze Ein- u. Ausstiegsstelle mit Klapppodest u. Erschliessungsrampe
seilbahntechnische Bedeutung: Prinzip, Herstellerherausragendbis auf die 1984 ersetzte Fernüberwachungsanlage älteste vollständig original überlieferte Personenpendelbahn der Schweiz der Fa. Von Roll mit von SIG gelieferten Grosskabinen u. Gehängen in Leichtbauweise; repräsentativ für die zeittypische Technikästhetik u. den Stand der Technik der späten 1960er-Jahre
Baukunst: Streckenbauwerke, Hochbauten
Ingenieurbausehr hochim Bereich der Talstation höhere Fundationsanforderungen, da Sumpfgelände
Architektursehr hochzeittypische sachliche Betonarchitektur; Baukörperform im Wesentlichen von der Funktion her bestimmt (Bautypologie)
besondere oder typische arch. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialiensehr hochBetonbauwerk; exponierte Bereiche verkleidet; Steildächer (Pultdach); zusätzliche Infrastrukturen z. T. flach gedeckt oder abgewalmt
bautypologische BedeutungherausragendHochbauten als wesentliche, aus der Anfangszeit stammende u. minimal veränderte Anlagekomponenten; Aufteilung der Baukörper nach Funktionen (Seilbahntechnik, Schnittstelle Kunde-Seilbahn, reine Dienstleistungsräume)
Authentizität: materielle, ideelle Überlieferung
Umfang und Qualität der ursprünglichen Komponentenherausragendvollumfänglich erhalten
Qualität der NachrüstungenherausragendErgänzung Fernüberwachungsanlage
funktionale Unversehrtheitsehr hochSommerbetrieb seit Anfang dieses Jahrtausends eingestellt
Kulturgeschichte
Personen, Firmen, Institutionen--
Wirtschaft, Tourismus, Verkehr, Militärhochoptimistisches Projekt der touristischen Boomzeit vor dem Einbruch in den 1970er-Jahren (Ölkrise) im Einzugsgebiet des hochtouristischen Davos; wirtschaftliche Bedeutung tendenziell abnehmend
Räumliche Situation
Berücksichtigung der Landschaft, der natürlichen Umgebung, des urban. Kontextsdurchschnittlichprimär auf optimale Seilbahnlinie konditioniert; landschaftlicher Kontext vernachlässigt; weniger augenfällig, da wohlproportionierte u. verhältnismässig bescheidene Abmessungen der Anlagekomponenten in kahler, unbesiedelter Landschaft
Infrastruktur
touristische/betriebliche Infrastruktursehr hochumfassende Infrastrukturen vorhanden: Skilifte u. Bergrestaurants; Freeride-Angebot; "Kinderland" (Kinderbetreuungsangebot); trotz Innovationen hinsichtlich Marketing u. Angebot seit den Nachrüstungsaktivitäten in Davos abnehmende Benutzerzahlen
Verkehrsnetzehochzunächst mit Zubringerdienst ausgestattet (Shuttlebus von Davos); an Flüelastrasse; grosser Parkplatz; von touristischem Zentrum entfernt

Anhang 1: Technische Daten

Strecke

Fotos
BetriebszweckTouristisch
Streckenlänge (schief)2017 m
Höhendifferenz683 m
Längstes Seilfeld (schief)548 m
Grösster Bodenabstand45 m
Neigung Maximal; Mittelwert510 o/oo; 360 o/oo
Spurweite (auf Stützen)8500 mm
Anzahl StützenFotos5
Stützenbautechnik; StützenformStahl Fachwerk; T-Stütze
Stützen Hersteller1967; Von Roll

Hochbauten

Talstation Name; KonstruktionFotos1967; Dörfji; Massiv (Beton/Mauerwerk)
ArchitektGian Gross, Davos
Zwischenstation NameFotos1967; bei Stütze 3: Ein- u. Ausstieg für Landwirtschaft
Bergstation Name; KonstruktionFotos1967; Mitteltälli; Massiv (Beton/Mauerwerk)
ArchitektGian Gross, Davos

Seile

TragseiltypVollverschlossen
Tragseil Anzahl pro Spur; Durchmesser2; 45.5 mm
Zugseil Anzahl; Durchmesser1; 35 mm
Gegenseil Anzahl; Durchmesser1; 33 mm
Tragseil Spannseil Anzahl; Durchmesser2; 80 mm

Antrieb

Fotos
Antrieb Ortin Talstation
Motor HerstellerFotos1967; BBC
Antriebstyp; MotorleistungGleichstrom Ward Leonard WL; 330 kW
Getriebe HerstellerFotos1967; Kissling
Notantrieb für RäumungFotosHydraulisch mit Verbrennungsmotor

Bremsen

BetriebsbremseFotos1967; Trommelbremse
SicherheitsbremseFotos1967; Trommelbremse
FangbremsenFotos1967; Am Laufwerk berg- und talseitig

Mechanische Einrichtungen

Tragseil-SpannsystemFotosGewicht Bergstation
Zugseil-SpannsystemFotosGewicht Bergstation
Einzeltüren zum Fahrzeug in Stationja
Ein-/Aussteigemöglichkeit bei StützenKlapp-Podest

Elektrotechnische Einrichtungen

Steuerung HerstellerFotos1967; BBC
Kopierwerk1967; Mechanisch
Fernüberwachungsanlage Hersteller1984; Frey AG
FahrregimeHandsteuerung, Gesteuert im Kommandoraum, Fernbedient durch Fahrzeugbegleiter
Kommunikations SystemTelefon, Funk

Fahrbetriebsmittel

Fotos
Anzahl2
Plätze / Fahrzeug85
Nutzlast; Fahrbetriebsmittel Leergewicht6800 kg; 4800 kg
Kabinen HerstellerFotos1967; SIG Neuhausen a. Rheinfall
Kabinen Länge; Breite; Höhe5800 mm; 3560 mm; 3000 mm
Automatische Türennein
Gehänge Hersteller; GehängetypFotos1967; SIG Neuhausen a. Rheinfall; Fachwerk, Rohr
Laufwerk HerstellerFotos1967; Von Roll
ZugseilbefestigungKlemmkopf

Förderleistung

Fahrgeschwindigkeit max.; Fahrzeit7 m/s; 7 Min.
Personenleistung; Jahresbeförderung Total800 Personen/h; 58673 Pers./Jahr
Notwendiges Betriebspersonal1 Pers.

Anhang 2: Apparat

Bundesinventare
-IVS (national)GR 52.2.1: Davis-Susch; Flüelapass
Archive
-SWA BS Verkehr B 646 (Luftseilbahn Dörfji - Mitteltälli, Sportbahnen Pischa AG)
e-docs
-http://www.propischa.ch/  
-http://www.davos.ch/images/assistant/wi/64aff6ce8797cfaa09b263cd7c2f02bc.jpg  
-http://www.bahn-bus-ch.de/bahnen/ldp/foto.html  

Anhang 3: Jahrzahlen der Komponenten

Jahre Graphik

Anhang 4: Relationen

HerstellerVon RollVon Roll Eisenwerke (Seilbahntechnik)

Anhang 5: Bildauswahl

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