BE-GT-3 Grimselnollen - Hausenegg, Guttannen, Pendelbahn


BE-GT-3Grimselnollen - Hausenegg
Pendelbahn

Ort, KantonGuttannen, BE
Koord. Talstation668.479/158.149 ; 1960 m.ü.M
Koord. Bergstation668.362/157.264 ; 2214 m.ü.M
EinstufungNational
Besuch29.07.2009 eb
Inventar24.11.2010 zk

BetreiberinKraftwerke Oberhasli AG
HerstellerHabegger
wwwhttp://www.grimselstrom.ch

Baujahr1957
Erstinbetriebsetzung1957
Umbauten2008
Wesentliche Erneuerungen gemacht2011

Situation

Beschreibung der Anlage

Das Wissen um die vorzügliche Eignung des Grimsel- und Sustengebiets zur Nutzung der Wasserkraft geht ins späte 19. Jahrhundert zurück. 1906 erhielten die Vereinigten Kander- und Hagneckwerke, die nachmalige Bernische Kraftwerke AG BKW, die Konzession für die Wasserkraftnutzung im Oberhasli. 1925 gründete die BKW schliesslich die Kraftwerke Oberhasli AG KWO mit Sitz in Innertkirchen.
Die ersten Kraftwerksanlagen wurden zwischen 1925 und 1932 erstellt. Dazu gehörten unter anderem der Grimselsee mit den beiden Sperren Spittellamm und Seeuferegg, der Gelmersee, der Verbindungsstollen Grimselsee-Gelmersee und die Zentrale Handeck 1. Ebenfalls in dieser ersten Bauetappe wurden die Gelmer-Bahn (vgl. 61.061) und auf dem sogenannten Spittelnollen ein Ersatz des gefluteten Hospiz' erstellt. Ab 1939 folgten in mehreren Ausbauetappen das Kraftwerk KW Innertkirchen 1 (1940-1943), die Räterichsbodensee-Staumauer mit dem KW Handeck 2 (1947-1950), die Staumauer Oberaar und das KW Grimsel 1 (1952-1954). In den späten 1950er und in den 1960er-Jahren wurden die Gewässer des Sustengebiets nutzbar gemacht. Der Bau des KW Innertkirchen 2 steht am Schluss dieser Kette. Aktuell werden unter anderem die KW Innertkirchen 1, Grimsel 1 und Handeck 2 aufgewertet. Eine Vergrösserung des Grimselsees ist pendent.
Wie die Gelmer-Bahn zeigt, gehören Seilbahnen für den Bau und den Unterhalt der Anlagen seit jeher zu Kraftwerken. In Ergänzung zu einer schmalen Zufahrtsstrasse und insbesondere für die wintersichere Erschliessung des Wasserschlosses auf der dem Spittelnollen südlich gegenüberliegenden Hausenegg erstellte die Thuner Kraftwerksbahnspezialistin Habegger für die KWO 1957 eine Werkbahn.
Die einspurige Pendelbahn hat ihren Ausgangspunkt am Südrand des Spittelnollens auf 1'960 m ü. M., auf dem sich auch die Hochbauten aus der Anfangsphase der KWO befinden. Die Bahn überquert den Grimselsee in südlicher Richtung und endet bei der Hausenegg, westlich unterhalb der Passhöhe, auf 2'214 m ü. M.. Die 954 m lange Strecke wird mit drei äusserst feinen Stahl-Portalstützen bewältigt, die spezielle Rollenbatterie-Aufhängungen aufweisen. Die Fahrspur besteht aus einem fest abgespannten Tragseil; das Fahrbetriebsmittel wird von einem ebenfalls fest abgespannten Zugseil bewegt, das östlich von der Fahrspur, auf einer separaten, mit einer Rücklaufstütze bestückten Spur zurückgeführt wird. Die Antriebseinheit, bei der die Kraftübertragung vom Motor auf die mit einer Innenbackenbremse versehene Antriebsscheibe über zwei Keilriementriebe erfolgt, befindet sich in der Talstation, direkt hinter dem Kommandoraum. Die Bahn ist mit einer vier Personen fassenden, an einem kurzen Kastenprofilgehänge hängenden Kabine aus genietetem Aluminium-Blech ausgestattet.
Die Stationskomponenten der Seilbahn befinden sich in klar geschnittenen Betonbaukörpern, die hervorragend in den hochkarätigen Komplex der Kraftwerkshochbauten integriert sind. Der Zugang zur Talstation erfolgt über ein unauffälliges Nebengebäude des Grimsel-Hospiz', respektive über einen gedeckten Treppenaufgang.
Am westlichen Spitz des Spittelnollens, dem eigentlichen Herz der KWO-Anlagen, befindet sich ein weiterer Seilbahnstationsbau: Zum einen endet dort die vom sogenannten Sommerloch, dem im Sommer benutzten Zugangsstollen zum KW Grimsel 1, zum Nollen führende Von Roll-Pendelbahn (BE-GT-2 von 1967); zum andern startet dort die Pendelbahn zum Kessiturm von 1975 (BE-GT-7).


Gesamtwürdigung

Die Habegger'sche Werkbahn vom Spittelnollen zum Wasserschloss auf der Hausenegg ist mit ihrer separaten Seilrückführung optimal für die spezifischen topografischen und funktionalen Anforderungen konfektioniert. Die einspurige Pendelbahn zählt schweizweit zu den ältesten und am besten erhaltenen Seilbahnen des auf Luftseilbahnen und besonders auf Kraftwerksbahnen spezialisierten Thuner Seilbahnherstellers Habegger. Nebst ihrem beeindruckenden Originalzustand – bis auf das von 2002 stammende Kopierwerk hat sich die Anlage original erhalten – besticht die Werkbahn wegen ihrer technikgeschichtlich höchst interessanten Antriebseinheit, bei der die Kraftübertragung über zwei Keilriementriebe erfolgt. Die Pendelbahn Grimselnollen – Hausenegg gehört zum umfangreichen „Seilbahn-Parks“ der technik-, bau- und wirtschaftsgeschichtlich äusserst bedeutenden Kraftwerksanlage Oberhasli.


Bewertung

Konzeption
Erschliessungsidee (Vision)hochWeiterausbau des kraftwerksinternen Erschliessungssystems; insbesondere für die gesicherte Winterschliessung des Wasserschlosses Hausenegg
Linienführung: Planung, Umsetzungdurchschnittlichdurch den Betrieb gegeben; vom Grimsel Hospiz über den Grimselsee nach Süden; Standort Bergstation im Winter nicht optimal
Seilbahntechnik
besondere oder typische tech. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialienherausragendeinspurige Pendelbahn mit einem Tragseil; schöne Antriebsgruppe in Talstation: Innenbackenbremse auf Antriebsscheibe, Kraftübertragung mittels zweier Keilriementriebe (einzigartig u. kein Getriebe); feste Abspannungen von Trag- u. Zugseil; lichte u. filigrane Portalstützen mit spezieller Aufhängung der Rollenbatterie; separate Seilrückführung über Rücklaufstütze; Individuallösung: auf spezifische Funktion konfektioniert
seilbahntechnische Bedeutung: Prinzip, Herstellerherausragendeinfache, elementare Anlage; eine der ältesten, in diesem eindrücklichen Umfang überlieferte Habegger-Pendelbahn; repräsentative Habegger-Lösung; Betriebsteil des technikgeschichtlich bedeutenden Kraftwerkkomplexes Grimsel
Baukunst: Streckenbauwerke, Hochbauten
IngenieurbauhochBauen in hochalpiner Landschaft: geologisch bedingte hohe Anforderungen
Architektursehr hochzurückhaltende, auf die bestehenden Anlageteile abgestimmte u. die schützenswerten Berg- u. Kraftwerkslandschaft respektierende Ausbildung
besondere oder typische arch. Konstruktion, Ausführung, Lösung, MaterialiendurchschnittlichBeton
bautypologische Bedeutungsehr hochHochbauten als wesentliche, aus der Anfangszeit stammende Anlagekomponenten
Authentizität: materielle, ideelle Überlieferung
Umfang und Qualität der ursprünglichen Komponentenherausragendbis auf Kopierwerk integral erhalten
Qualität der NachrüstungenherausragendKopierwerk
funktionale Unversehrtheitherausragendals Kraftwerksbahn in Betrieb (jedoch nur selten in Gebrauch)
Kulturgeschichte
Personen, Firmen, InstitutionenherausragendBKW (die ursprünglichen Vereingten Kander- u. Hagneck-Werke), KWO (1925 gegründet); in Zusammenhang mit der vierten Etappe der ausgedehnten Kraftwerksanlagen (Kraftwerk Grimsel 1, Maschine Oberaar, 1952-1954)
Wirtschaft, Tourismus, Verkehr, Militärherausragendim Umfeld eines historischen Passübergangs; KWO als wichtiger Akteur der schweizerischen Stromproduzenten; seit jüngstem Ausnützung des touristischen Potentials (Label: "Grimselwelt"); technikgeschichtlich höchst interessanter Gesamtkomplex, in dem die vielfältigen Aufzugsanlagen gepflegt u. kultiviert (vermarktet) werden
Räumliche Situation
Berücksichtigung der Landschaft, der natürlichen Umgebung, des urban. Kontextssehr hochgut in Kraftwerkslandschaft eingebettet
Infrastruktur
touristische/betriebliche InfrastrukturherausragendKraftwerksanlagen; Hotel Handegg; Grimsel Hospiz; "Kraftwerk-Lehrpfad"; Wanderwege; Handeggfall-Brücke; KWO eigene Tourismusangebote
Verkehrsnetzehochan der Grimselpass-Strasse (Postauto, Individualverkehr)

Anhang 1: Technische Daten

Strecke

BetriebszweckPrivate / Betriebs Erschliessung
Streckenlänge (schief)954 m
Höhendifferenz252 m
Längstes Seilfeld (schief)850 m
Grösster Bodenabstand160 m
Neigung Maximal; Mittelwert550 o/oo; 282 o/oo
Spurweite (auf Stützen)12000 mm
Anzahl Stützen3
Stützenbautechnik; StützenformStahl Fachwerk; Portalstütze
Stützen Hersteller1957; Habegger

Hochbauten

Talstation Name; Konstruktion1957; Grimselnollen; Massiv (Beton/Mauerwerk)
Bergstation Name; Konstruktion1957; Hausenegg; Massiv (Beton/Mauerwerk)

Seile

TragseiltypVollverschlossen
Tragseil Anzahl pro Spur; Durchmesser1; 33 mm
Zugseil Anzahl; Durchmesser1; 18 mm

Antrieb

Antrieb Ortin Talstation
Motor Hersteller1957; BBC
Antriebstyp; MotorleistungDrehstrom-Schleiffring-Läufermotor; 27 kW
Getriebe Hersteller-
Notantrieb für RäumungDurch Schwerkraft

Bremsen

Betriebsbremse1957; Trommelbremse
Sicherheitsbremse1957; Trommelbremse
FangbremsenKeine Fangbremse

Mechanische Einrichtungen

Tragseil-SpannsystemFeste Abspannung
Zugseil-SpannsystemFeste Abspannung

Elektrotechnische Einrichtungen

Steuerung Hersteller1957; BBC
Kopierwerk2002; Mechanisch
Fernüberwachungsanlage Hersteller1957; Gubler
FahrregimeHandsteuerung
Kommunikations SystemTelefon, Funk

Fahrbetriebsmittel

Anzahl1
Plätze / Fahrzeug4
Nutzlast; Fahrbetriebsmittel Leergewicht950 kg; 350 kg
Kabinen Hersteller1957; Habegger
Kabinen Länge; Breite; Höhe2200 mm; 1200 mm; 1500 mm
Automatische Türennein
Gehänge Hersteller; Gehängetyp1957; Habegger; Kastenprofil
Laufwerk Hersteller1957; Habegger
ZugseilbefestigungKlemmkopf

Förderleistung

Fahrgeschwindigkeit max.; Fahrzeit2.5 m/s; 8 Min.
Personenleistung; Jahresbeförderung Total16 Personen/h; 160 Pers./Jahr
Notwendiges Betriebspersonal1 Pers.

Anhang 2: Apparat

Bundesinventare
-BLNObjekt-Nr.: 1507 Berner Hochalpen und Aletsch-Bietschhorn-Gebiet (nördlicher Teil)
-IVS (national)BE 17 (national) Meiringen-Obergesteln; Grimselpass
-KGS 2009Objekt-Nr.: 9044 Grimselstaumauer u. Hospiz, Kat. A
Kantonale Inventare
-BE: Kantonales Bauinventar, Gemeinde Guttannen, Spittelnollen N.N. (Talsperren)erhaltenswert
-BE: Kantonales Bauinventar, Gemeinde Guttannen, Spittelnollen 1D (Wärterhaus mit Schalträumen)erhaltenswert
-BE: Kantonales Bauinventar, Gemeinde Guttannen, Spittelnollen 1G (Grimsel-Hospiz)schützenswert
-BE: Kantonales Bauinventar, Gemeinde Guttannen, Spittelnollen 1T (Gebetskapelle)erhaltenswert
Archive
-IKSS Meiringen
Literatur
-Art.: Grimsel, in: Geographisches Lexikon der Schweiz GLS, Bd. 2 (Emmenholz-Kraialpass), Neuenburg, 1904, p. 448-452
-Wipf, J. H.: Kraftwerke Oberhasli, in: (Das) Werk, 21/4(1934), p. 114-128
-Zin: KWO Bauetappen (2007), Version vom 10.11.2010, URL: http://www.grimselstrom.ch/uber-uns/geschichte
-Die KWO in Vergangenheit und Gegenwart, Version vom 10.11.2010, URL: http://www.grimselstrom.ch/uber-uns/geschichte
e-docs
-Schmocker, Michael c/o www.cablecar.ch: Grimselnollen-Hausenegg, Version vom 15.02.2010, URL: http://www.cablecar.ch/html/grimselnollen_-_hausenegg.html
-http://www.cablecar.ch/html/grimselnollen_-_hausenegg.html
-http://www.bergbahnen.org/forum/viewtopic.php?f=4&t=1045
-http://www.grimselstrom.ch/news

Anhang 3: Jahrzahlen der Komponenten

Jahre Graphik

Anhang 4: Relationen

HerstellerHabeggerHabegger Maschinenfabrik (Seilbahntechnik)
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Anhang 5: Bildauswahl

Talstation Talstation Talstation
Bergstation Bergstation Stütze
Stütze Kabine Kabine
Laufwerk Maschinenraum Betriebsbremse
Sicherheitsbremse Kommandoraum



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