LU-VI-1 Vitznau - Wissifluh, Vitznau, Einseilpendelbahn


LU-VI-1Vitznau - Wissifluh
Einseilpendelbahn

Ort, KantonVitznau, LU
Koord. Talstation679.850/206.900 ; 501 m.ü.M
Koord. Bergstation680.440/206.360 ; 950 m.ü.M
EinstufungRegional
Besuch26.05.2009 eb
Inventar24.11.2010 zk

Betreiberinprivat
HerstellerStahl- und Maschinenbau AG Horw
wwwhttp://www.wissifluh.ch/

Baujahr1964
Erstinbetriebsetzung1964
Umbauten1990/91

Situation

Beschreibung der Anlage

Östlich über dem Dorf Vitznau, das am Ufer des Vierwaldstättersees an einer Ausbuchtung des Weggiserbeckens liegt, befindet sich die Wissifluh. Auf der dem Vitznauerstock südwestlich vorgelagerten Kanzel steht seit den 1940er-Jahren ein neues, anstelle des Kurhauses errichtetes Berggasthaus mit zugehörigem landwirtschaftlichem Betrieb. Auf die Wissifluh führte schon zu Zeiten des Kurhauses eine mit Wasserballast betriebene Materialseilbahn. Die 1908 erstellte und von Niederberger in Dallenwil fabrizierte Bahn wurde 1942 durch eine neue, stützenlose Pendelbahn nach dem System des Ingenieurs Franz Hunziker aus Küssnacht a. R. ersetzt. Diese mit zwei vierplätzigen Kabinen bestückte Seilbahn wurde 1964 von der Stahl- und Maschinenbau AG Horw unter Beibehaltung des Seilbahnprinzips und der Linienführung grundlegend erneuert und 1990/91 technisch nachgerüstet.
Der Startpunkt der Seilbahn befindet sich am östlichen Rand des Dorfes Vitznau, im Buholz, auf 501 m ü. M.. Die 927 m lange Bahnlinie führt in südöstlicher Richtung, überquert im unteren Teil das Delta des Altdorfbachs, im oberen Abschnitt den Bannwald und überwindet am Streckenende eine steile Fluh. Die am Fluhrand und mitten im Wald situierte Endstation befindet sich auf 950 m ü. M., rund 150 m Luftlinie von dem in der Lichtung angelegten Berggasthaus entfernt.
Die auf die Wissifluh führende Luftseilbahn stellt eine Kombination zwischen Pendel- und Umlaufbahn dar: An einem endlos gespleissten Förderseil verkehren zwei fest an das Seil geklemmte Fahrzeuge im Pendelbetrieb. Die für vier Personen dimensionierten und stirnseitig mit kurzen Materialplattformen ausgerüsteten Kabinen sind an Kastenprofilgehängen befestigt. Den Stationseinfahrten sind Führungsschienen vorgelagert, auf denen die beiden seitlich der Klemmvorrichtungen angebrachten Rollen entlang fahren. Die Antriebseinheit mit dem auf den offenen Zahnkranz der Antriebsscheibe wirkenden Getriebe ist am Scheibentragrahmen befestigt und in der Bergstation angeordnet. Dort ist auch der als eigenständige Kabine ausgebildete Kommandoraum eingegliedert. Antriebs- und Umlenkscheibe sind in der Seilneigung angelegt. Die Abspannung des Förderseils erfolgt talseitig über Hydraulik. Die Bahn kann über den Kommandoraum oder über die seit den 1990er-Jahren im Berggasthaus eingerichtete Steuerung betrieben werden. Sie verfügt zudem über eine TV-Überwachung in Tal- und Bergstation.
Während die Talstation – ein massiver Putzbau mit Schmetterlingsdach – aus der Umbauphase von 1964 stammt, wurde das die Bergstation umhüllende Gebäude unter Beibehaltung des massiven Unterbaus 1990 durch eine Stahlkonstruktion ersetzt. Die Nachrüstungsarbeiten von 1990/91, die den Ersatz der Steuerung, des Kopierwerks und der Fernüberwachungsanlage umfassten, wurden vom Seilbahnhersteller Walter Städeli ausgeführt. Die ursprünglichen Kabinen stehen neben dem Berggasthaus und wurden zu einer Kinderspieleinrichtung umfunktioniert.


Gesamtwürdigung

Das bei der Wissifluh angewendete Bahnsystem geht auf ein in der zeitgenössischen Fachliteratur eingehend besprochenes Patent des Küssnachter Ingenieurs Franz Hunziker zurück (Patentschrift publiziert 1939) und stellt eine einfache und kostengünstige, sichere und "pflegeleichte", speziell für die Erschliessung von abgelegenen Berggütern geeignete Seilbahnvariante dar. Obwohl die Wissifluh-Bahn 1964 von der Stahl- und Maschinenbau AG Horw unter Beibehaltung der Fahrspur und des Bahnsystems grundlegend erneuert wurde, weist sie mit über 45 Betriebsjahren bereits wieder ein aus seilbahntechnischer Sicht beträchtliches Alter auf. Als Werk der im Seilbahnbau nur marginal in Erscheinung tretenden Stahl- und Maschinenbau AG Horw und als Vertreterin eines einfachen und zugleich intelligenten, in der Schweizer Seilbahnlandschaft jedoch relativ selten angewendeten Seilbahnprinzips ist die Wissifluh-Bahn von beträchtlicher seilbahntechnischer Bedeutung.


Bewertung

Konzeption
Erschliessungsidee (Vision)hochErschliessung Berggasthaus u. Ausflugsgebiet
Linienführung: Planung, Umsetzunghochvom Dorfrand zum Rand der Fluh; über bewaldetes Gebiet (Bannwald); ohne Stützen
Seilbahntechnik
besondere oder typische tech. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialiensehr hochEinseilbauart Hunziker (Kombination zwischen Pendel- u. Umlaufbahn); Endlosseil; in Bahnneigung angelegte Umlenkscheiben in Stationen; Antrieb in Bergstation; talseitige Umlenkscheibe durch hydraulische Abspannung längsbeweglich; Fixierung am Seil durch Seilklemmen; Fernsteuerung der TV-überwachten Anlage vom rund 150 m entfernten Gasthaus aus
seilbahntechnische Bedeutung: Prinzip, Herstellerherausragendwurde 1942 als erste Einseil-Pendelbahn nach dem Patent Hunziker erstellt (Ersatz Materialseilbahn von 1908) u. für Personentransport bewilligt; 1964 wurde sie unter Beibehaltung des Einseilsystems tiefgreifend modernisiert; Seilbahnsystem mit hoher Betriebssicherheit u. langer Lebensdauer des Seils u. geringen Bau- u. Unterhaltskosten; wertvolle, in einem ansehnlichen Masse überlieferte Bahn von geschichtlichem u. seilbahntechnischem Interesse
Baukunst: Streckenbauwerke, Hochbauten
Ingenieurbau--
ArchitekturdurchschnittlichBergstation in Form von Horst; Talstation sachliche u. zweckdienliche Betonkonstruktion
besondere oder typische arch. Konstruktion, Ausführung, Lösung, MaterialiendurchschnittlichTalstation: Sichtbeton, gegenläufiges Steildach; Bergstation: auf bestehenden Sockel neue Stahlkonstruktion mit Blecheinwandung
bautypologische Bedeutungsehr hochfür die Erschliessung der Betriebe auf der Wissifluh u. als Touristenanlage in Funktion
Authentizität: materielle, ideelle Überlieferung
Umfang und Qualität der ursprünglichen Komponentenhochdie Linienführung u. das Seilbahnprinzip gehen auf die Vorgängerbahn von 1942 zurück; bis auf Kopierwerk, Steuerung u. Fernüberwachung sowie Bergstation (1990/91) stammt die Anlage von 1964
Qualität der Nachrüstungensehr hochsicherheitsrelevante Nachrüstungsphase 1990/91: Kopierwerk, Steuerung, Fernüberwachung; unspektakulärer Ersatz Bergstationsgebäude
funktionale Unversehrtheitherausragendfür Betreiber u. Bewohner des Bergrestaurants als auch für Touristen in Betrieb
Kulturgeschichte
Personen, Firmen, Institutionen--
Wirtschaft, Tourismus, Verkehr, Militärhochals Basiserschliessung für die Betriebe auf der Wissifluh von zentraler Bedeutung; als Touristenbahn idealer Zubringer für attraktives Wandergebiet
Räumliche Situation
Berücksichtigung der Landschaft, der natürlichen Umgebung, des urban. Kontextssehr hochkeine Stützenbauwerke u. Bergstation wie Horst an Fluhkante u. im Wald versteckt
Infrastruktur
touristische/betriebliche Infrastruktursehr hochRestaurant- u. Hotelbetrieb u. Landwirtschaftsbetrieb; Ausflugsgebiet Rigi im näheren Umkreis
Verkehrsnetzesehr hochSchiffsanlegestelle; Hauptstrasse für motorisierten Individualverkehr; alternativ: schwierige Bergstrassenzufahrt über Gersau/Gersauerstock; Vitznau-Rigi-Bahn

Anhang 1: Technische Daten

Strecke

BetriebszweckTouristisch, Private / Betriebs Erschliessung
Streckenlänge (schief)927 m
Höhendifferenz448 m
Längstes Seilfeld (schief)927 m
Grösster Bodenabstand100 m
Neigung Maximal; Mittelwert885 o/oo; 552 o/oo
Spurweite (auf Stützen)3520 mm
Anzahl Stützen0

Hochbauten

Talstation Name; Konstruktion1964; Vitznau; Massiv (Beton/Mauerwerk)
ArchitektHans Stöcker
Bergstation Name; Konstruktion1990; Wissifluh; Stahlkonstruktion
ArchitektAeschbach

Seile

Förderseil Anzahl; Durchmesser1; 28 mm

Antrieb

Antrieb Ortin Bergstation
Motor Hersteller1964; Eichenberger Wetzikon
Antriebstyp; MotorleistungDrehstrom-Schleiffring-Läufermotor; 18 / 1.5 kW
Getriebe Hersteller1964; Hanssen
Notantrieb für RäumungHandantrieb, Durch Schwerkraft

Bremsen

Betriebsbremse1964; Trommelbremse
Sicherheitsbremse1964; Trommelbremse
FangbremsenKeine Fangbremse

Mechanische Einrichtungen

Förderseil SpannsystemHydraulisch Talstation

Elektrotechnische Einrichtungen

Steuerung Hersteller1991; Kündig AG
Kopierwerk1991; Mechanisch
Fernüberwachungsanlage Hersteller1991; Kündig AG
FahrregimeGesteuert im Kommandoraum, Fernbedient durch Fahrzeugbegleiter
Kommunikations SystemTelefon, Funk, Video

Fahrbetriebsmittel

Anzahl2
Plätze / Fahrzeug4
Nutzlast; Fahrbetriebsmittel Leergewicht400 kg; 350 kg
Kabinen Hersteller1964; CWA
Kabinen Länge; Breite; Höhe1800 mm; 1000 mm; 1700 mm
Automatische Türennein
Gehänge Hersteller; Gehängetyp1964; Stahl und Maschinenbau AG; Kastenprofil
Klemmvorrichtung Hersteller; Typ1964; Stahl- und Maschinenbau AG Horw; Festklemme

Förderleistung

Fahrgeschwindigkeit max.; Fahrzeit4.0 m/s; 3.58 Min.
Personenleistung; Jahresbeförderung Total55 Personen/h; 2000 Pers./Jahr
Jahresbeförderung Güter20 Tonnen/Jahr
Notwendiges Betriebspersonal1 Pers.

Anhang 2: Apparat

Bundesinventare
-BLNObjekt-Nr.: 1606 Vierwaldstättersee mit Kernwald, Bürgenstock, Rigi
Archive
-SWA BS Verkehr B 565 (Luftseilbahn Vitznau - Wissifluh)
-IKSS Meiringen
Literatur
-Hunziker, Franz: Die neuartige Luftseilbahn Vitznau-Wissifluh, in: Schweizerische Bauzeitung SBZ, 120/15(1942), p. 172-174.
-Anonym: Fortschritte vom Bau von Luftseilbahnen in Einseilbauart Hunziker, in: Schweizerische Bauzeitung SBZ, 68/35(1950), p. 480-482.
e-docs
-http://www.bahn-bus-ch.de/bahnen/lvw/index.html

Anhang 3: Jahrzahlen der Komponenten

Jahre Graphik

Anhang 4: Relationen

HerstellerSTAMAGStahl- und Maschinenbau AG Horw

Anhang 5: Bildauswahl

Talstation Bergstation Bergstation
Perron Bergstation Strecke in Übersicht, Kabine Kabine
Klemmvorrichtung Antrieb Bergstation, Antriebsscheibe
Umlenkrad Förderseilführung Talstation Einfahrsattel Bergstation
Kommandoraum Kommandopult



Schweizer Seilbahninventar   www.seilbahninventar.ch   Copyright © Bundesamt für Kultur BAK 2011