Ort, KantonGöschenen, UR
Koord. Talstation688.156/169.220 ; 1090 m.ü.M
Koord. Bergstation689.995/167.950 ; 2288 m.ü.M
EinstufungRegional
Besuch05.08.2009 eb
Inventar21.11.2010 pb

BetreiberinLBA / TGM
HerstellerOehler/Streiff

Baujahr1951
Erstinbetriebsetzung1942/1976
Umbauten1976; 1993; 2000
Kabine

Situation

Beschreibung der Anlage

Das heute aufgegebene Artilleriewerk Gütsch der Schweizer Armee war Teil der grossräumigen Sperre im Raum Göschenen-Andermatt. Von Göschenen am Eingang zur Schöllenenschlucht führt eine kleine Luftseilbahn zur Festung Gütsch.
Die zweispurige Pendelbahn wurde 1942 durch die Firma Oehler aus Aarau erstellt, die sich während den Kriegs- und Vorkriegsjahren auf die Entwicklung und den Bau von militärischen Seilbahnen spezialisiert hatte. Die filigranen Fachwerkstützen lieferte die Firma Wartmann & Cie, Brugg.
Von der Talstation in der Nähe der Gotthardbahn in Göschenen aus bewältigt die Bahn die Strecke durch die weitgehend unbewaldete Nordwestflanke des Gütsch mit der Rientalalp bis zum Artilleriewerk mit Hilfe von acht T-förmigen Fachwerkstützen.
Die in Beton errichtete rein funktionale Talstation erscheint als markantes, aus drei Teilen bestehendes Volumen unter Pultdach. Auf den an ein Silo erinnernden Kopfbau folgt ein eingezogener Zwischentrakt, an den ein wiederum etwas breiterer Abschlusstrakt anschliesst. Das Innere der Talstation enthält eine markante, zu den Kabinen führende Treppenanlage und den imposanten Spannwagen. Die Bergstation mit dem Antrieb befindet sich in einer Felskaverne der Festung und besitzt seit 1977 einen blechverkleideten Stahlvorbau als Endstation; vorher fuhren die Fahrzeuge bis in die Felskaverne mit bogenartigem Gewölbe.
Von den acht Fachwerkstützen wurden die unteren vier bei einem Lawinenniedergang 1975 zerstört. Der Ersatz der vier Stützen erfolgte 1976/77 im Rahmen eines weiter gehenden Umbaus der Bahn durch die Firma Streiff. Zu diesem Zeitpunkt wurden die beiden alten, je acht Personen Platz bietenden Kabinen inklusive Gehänge und Laufwerk durch neue Fahrbetriebsmittel mit Platz für je zwölf Personen ersetzt. 1993 erhielt die Bahn wiederum zwei neue Kabinen der Firma Gangloff.
Der Umbau von 1976/77 führte zur Auswechslung der sich in der Bergstation befindenden Antriebseinheit (Motor, Getriebe und Bremsen). Die gleichzeitig durch die Firma Frey AG erneuerte Steuerung wurde 2000 durch eine Fernüberwachungsanlage ergänzt.
Seit der Ausserdienststellung des Artilleriewerkes Gütsch 1994 wird die Bahn nur noch selten genutzt.


Gesamtwürdigung

Das 1941 bis 1944 erbaute Artilleriewerk Gütsch deckte die Ostflanke der Schöllenen ab und war Teil der grossräumigen Sperre im Raum Göschenen-Andermatt. Bis zu ihrer Ausserdienststellung 1994 war sie mit 2'300 m ü. M. die am höchsten gelegene Festung der Schweiz gewesen. Die heute noch bestehende Seilbahnanlage ist integraler Teil des aus militärhistorischer Sicht bedeutenden Artilleriewerks. Die kleine zweispurige Pendelbahn ist ein repräsentativer Vertreter der zahlreichen, während den Kriegsjahren erstellten Bahnen, welche die Firma Oehler in Aarau für die Schweizer Armee realisieren konnte.


Bewertung

Konzeption
Erschliessungsidee (Vision)hochin Ergänzung zur Bergstrasse Erschliessung des Artilleriewerks Gütsch A8685 mittels Seilbahn
Linienführung: Planung, Umsetzungsehr hochfeste, schwere Anlage: direkte, gerade Linienführung: Zielort Gütsch, dem höchsten u. strategisch wichtigsten Punkt; über die mehrheitlich unbewaldete Nordwestflanke des Gütsch (Rientalalp)
Seilbahntechnik
besondere oder typische tech. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialienhochzweispurige Pendelbahn mit einem Trag- u. einem Zugseil/Spur für Personen u. Material; Gewichtsabspannung der Seile in Talstation (Spannwagen); Antrieb in Bergstation; konisch, filigrane u. lichte Fachwerkstützen
seilbahntechnische Bedeutung: Prinzip, Herstellersehr hochrepräsentativer Vertreter einer der im Zusammenhang des Ausbaus der Zentralstellung (Reduit) anlässlich der kriegerischen Bedrohung erstellten Seilbahnanlagen mit aussagekräftigem Kernbestand der Firma Oehler in Aarau, die in der Kriegszeit zahlreiche Seilbahnanlagen für die Schweizer Armee realisieren konnte (wohl Typ S.P.); zahlreiche Komponenten von typischem Oehler-Bausatz; wesentliche Erneuerung nicht zuletzt auch aufgrund eines Lawinenabgangs ausgeführt von der Glarner Seilbahnunternehmung Streiff 1976
Baukunst: Streckenbauwerke, Hochbauten
Ingenieurbauhochbergmännische Bauwerke
ArchitekturhochTalstation: aus drei unterschiedlich grossen Volumen zusammengesetztes Bauwerk; ein an ein Silo erinnernder Kopfbau gefolgt von einem eingezogenen Teil, der abschliessende, an das Bahnareal grenzende Teil ist wiederum leicht verbreitert; Bergstation bereits Teil der Militärfestung (Kaverne)
besondere oder typische arch. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialiensehr hochTalstation: Massivbau aus Beton unter Pultdach; imposante, zu den Kabinen führende Treppenanlage, über der sich die schräge Auflage des Spannwagens befindet; Bergstation: Kernbau Felskaverne, der jüngere Vorbau erscheint als eine blechverkleidete Stahlkonstruktion, die einen Bahnbetrieb ausserhalb der abgeschlossenen Festungsanlage erlaubt
bautypologische Bedeutungsehr hochdie massiv ausgeführten Stationsgebäude sind integraler Bestandteil der ersten Bauetappe von 1942 u. zählen aufgrund ihres Alters u. des militärischen Hintergrunds trotz der Ergänzung bei der Bergstation zu den wichtigsten Anlagekomponenten
Authentizität: materielle, ideelle Überlieferung
Umfang und Qualität der ursprünglichen KomponentenhochGrundanlage mit Linienführung, Teil der Stützen sowie der Stationsbauten aus der Zeit der Erstellung 1942 erhalten
Qualität der Nachrüstungensehr hochinsbesondere auch infolge eines Lawinenabgangs 1975 einheitliche Gesamterneuerung der Bahn 1976/77 durch Glarner Seilbahnunternehmung Streiff; Kabine von 1993 u. Fernüberwachung von 2000
funktionale Unversehrtheitherausragendin Betrieb
Kulturgeschichte
Personen, Firmen, InstitutionenhochAlfred Oehler als DER Spezialist für militärischen Seilbahnbau
Wirtschaft, Tourismus, Verkehr, MilitärherausragendWerk Gütsch als Teilersatz für Fort Stöckli (Erstellung ab 1893, Feuerunterstützung Richtung Oberalppass), erbaut 1941-1944 im Rahmen des Ausbaus der Zentralraumstellung (Reduit im Alpenraum) anlässlich der Bedrohungen durch den Zweiten Weltkrieg; Ergänzung des Werks Gütsch mit Gebrigsunterkunft in der Zeit des Kalten Kriegs
Räumliche Situation
Berücksichtigung der Landschaft, der natürlichen Umgebung, des urban. Kontextsdurchschnittlichfür miltärische Anlage vergleichsweise exponierte Situierung: Linie führt mehrheitlich über den unbewaldeten, kargen Hang der Rientalalp; die filigranen Stützen sind jedoch sehr diskret; Vorbau bei Bergstation fällt als markantes Bauwerk auf
Infrastruktur
touristische/betriebliche Infrastruktursehr hochArtilleriewerk Gütsch: Panzertürme, Bunker, Stellungen, ...
Verkehrsnetzesehr hochTalstation in unmittelbarer Nähe der Bahnstation Göschenen an der Gotthardlinie: aus strategischer Sicht idealer Anschluss für Transport schweren Materials

Anhang 1: Technische Daten

Strecke

Fotos
BetriebszweckPrivate / Betriebs Erschliessung, Militärische Erschliessung
Streckenlänge (schief)2535 m
Höhendifferenz1200 m
Längstes Seilfeld (schief)747 m
Grösster Bodenabstand128 m
Neigung Maximal; Mittelwert843 o/oo; 532 o/oo
Spurweite (auf Stützen)6000 mm
Anzahl StützenFotos8
Stützenbautechnik; StützenformStahl Fachwerk; T-Stütze
Stützen Hersteller1942/1976; Wartmann / Streiff

Hochbauten

Talstation Name; KonstruktionFotos1942; Göschenen; Massiv (Beton/Mauerwerk)
Bergstation Name; KonstruktionFotos1942; Gütsch; Massiv (Beton/Mauerwerk)

Seile

TragseiltypVollverschlossen
Tragseil Anzahl pro Spur; Durchmesser1; 30 mm
Zugseil Anzahl; Durchmesser1; 22 mm
Gegenseil Anzahl; Durchmesser1; 22 mm
Tragseil Spannseil Anzahl; Durchmesser2; 40 mm

Antrieb

Fotos
Antrieb Ortin Bergstation
Motor HerstellerFotos1976; Schindler
Antriebstyp; MotorleistungGleichstrom Ward Leonard WL; 95 kW
Getriebe HerstellerFotos1976; Kissling
Notantrieb für RäumungFotosHydraulisch mit Verbrennungsmotor

Bremsen

BetriebsbremseFotos1976; Scheibenbremsen
SicherheitsbremseFotos1976; Scheibenbremsen
FangbremsenKeine Fangbremse

Mechanische Einrichtungen

Tragseil-SpannsystemFotosGewicht Talstation
Zugseil-SpannsystemFotosGewicht Talstation

Elektrotechnische Einrichtungen

Steuerung HerstellerFotos1976; Frey
KopierwerkFotos1976; Mechanisch
Fernüberwachungsanlage HerstellerFotos2000; Frey
FahrregimeHandsteuerung, Gesteuert im Kommandoraum, Fernbedient durch Fahrzeugbegleiter, Vollautomatisch ohne Personal
Kommunikations SystemTelefon, Funk

Fahrbetriebsmittel

Fotos
Anzahl2
Plätze / Fahrzeug12
Nutzlast; Fahrbetriebsmittel Leergewicht1000 kg; 500 kg
Kabinen HerstellerFotos1993; Gangloff
Kabinen Länge; Breite; Höhe2300 mm; 1500 mm; 2100 mm
Automatische Türennein
Gehänge Hersteller; GehängetypFotos1976; Streiff; Profilstahl, Rohr
Laufwerk HerstellerFotos1976; Streiff
ZugseilbefestigungSeilklemmen

Förderleistung

Fahrgeschwindigkeit max.; Fahrzeit5 m/s; 9.4 Min.
Personenleistung46 Personen/h
Notwendiges Betriebspersonal1 Pers.

Anhang 2: Apparat

Bundesinventare
-ISOS (national)Göschenen, verstädtertes Dorf
-IVS (national)UR 1.3.1: Göschenen-Andermatt-Hospental: Kunststrasse 1830; Göschenen-Brüggwald
andere Inventare
-Inventar der Kampf- und FührungsbautenSperrstelle Göschenen: regional
Literatur
-Oehler, Alfred: Die Militär-Seilbahnen der schweizerischen Armee im Weltkrieg 1939 bis 1945, in: Schweizerische Bauzeitung SBZ, vol. 127/128 (1946), p. 77-80
-Eidg. Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (Hg.): Militärische Denkmäler in den Kantonen Uri, Schwyz und Zug. Inventar der Kampf- und Führungsbauten, Bern 2005
-Schneider, Hans Rudolf: A8685 Artilleriewerk Gütsch, 2007, Version vom 26.04.2010, URL: http://www.festung-oberland.ch/AnlagenSchweiz/UR/UR-Festungsartillerie/Guetsch/Guetsch.html
e-docs
-http://www.sommerschi.com/forum/viewtopic.php?p=2334&sid=c2cddf17d3651ba84f1e6f513c52fec4  
-http://www.sommerschi.com/forum/viewtopic.php?f=8&t=255&p=2340&hilit=g%C3%BCtsch+g%C3%B6schenen#p2340  

Anhang 3: Jahrzahlen der Komponenten

Jahre Graphik

Anhang 4: Relationen

HerstellerStreiffMath. Streiff AG
HerstellerOehlerOehler & Co., Eisenwerke

Anhang 5: Bildauswahl

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