Ort, Kanton | Rüschegg, BE | Koord. Talstation | 598.594/178.776 ; 1050 m.ü.M | Koord. Bergstation | 598.954/176.725 ; 1559 m.ü.M |
| Einstufung | National | Besuch | 02.02.2009 eb | Inventar | 24.11.2010 zk |
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| Baujahr | 1968 | Erstinbetriebsetzung | 1968 | Umbauten | - |
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Situation
Beschreibung der Anlage
In der ausgedehnten Berner Gemeinde Rüschegg, die sich von den um den Rüschegg-Hügel angeordneten Dörfern Gambach, Hirschhorn, Heubach und Rüschegg-Graben im Norden über eine bewaldete und stark kupierte Hügelzone bis zum Gantrisch-Gebiet im Süden erstreckt, bildeten sich bereits ab den 1950er-Jahren vereinzelt Ferienhausgruppen (Aeugstenbühl, Fettbad und Selital); ab den 1970er-Jahren erfolgte die gezielte Planung und Realisierung von zwei Feriensiedlungsschwerpunkten in Eywald und Gustern. Heute verfügt die Gemeinde Rüschegg aufgrund der reizvollen Voralpen-Landschaft über ein attraktives Fremdenverkehrsangebot im Naherholungsgebiet der Stadt Bern. Der Wintertourismus, insbesondere der alpine Skisport, ist mit fünf Ski-, drei Kleinskiliften und über 35 km Abfahrtspisten vergleichsweise gut entwickelt. Ein erster Skilift wurde im Selital bereits 1956 errichtet. Die Habegger-Anlage, einer der frühesten Skilifte von Habegger überhaupt, wurde jüngst erheblich umgebaut (BE-RÜ-3-s).
Auch der 1968 erstellte, von Eywald auf 1'050 zum Lischbodegrat auf 1'559 m ü. M. führende Bügellift stammt vom Thuner Seilbahnhersteller Habegger. Dieser Lift ist mit 2'263 m Länge der viertlängste Skilift in der Schweiz. Der nach Südosten verlaufende Lift lenkt nach 1.75 km oberhalb des Luterbüels nach Südwesten in Richtung Lischbodegrat ab. Die anspruchsvolle, mit einer ausgeprägten Kurve versehene Linie wird mit 17 N-Polygonstützen bewältigt. Dieser aussergewöhnliche, von Habegger entwickelte Stützentyp ist aus sechs Stahlrohren in der Art konstruiert, dass das Polygon nur Zug- und Druckkräften, jedoch keinen Torsionskräften ausgesetzt ist.
Sowohl Tal- als auch Bergstation sind offen ausgebildet. Beim Startpunkt ist die kombinierte Antriebs- und Spannstation angelegt, am Berg ist die Umlenkung platziert. Die Kurve wird in Form der ursprünglich von Willy Bühler für starke Veränderungen in der Streckenführung entwickelten Zwirbelkurve bewerkstelligt. Das System der Zwirbelkurve ist dadurch gekennzeichnet, dass die Kurvenstation aus drei in der Höhe gestaffelten Ebenen besteht. In der Kurvenstation wird das bergwärts laufende Förderseil um eine liegende Ablenkscheibe geführt (hier Rechtskurve); das Rücklaufseil passiert bei der Kurvenstation auf einer zweiten Ebene eine zweite liegende Ablenkscheibe und wird zu einer ausserhalb der Skiliftspur liegenden dritten Umlenkstation geführt (hier: in Blickrichtung Berg nach links), wo schliesslich das Seil auf der obersten Ebene zurück zur Kurvenstation geführt und über dem zum Berg führenden Seil ins Tal zurückgelenkt wird. Die Schleppvorrichtungen, lange T-Bügel für die Selbstbedienung, sind nach wie vor mit den aus der Bauzeit und vom Hause Habegger stammenden mechanischen Einzugsapparaten und Klemmen ausgestattet; ebenfalls unverändert sind die Steuerung und die Fernüberwachung.
Unterhalb der Talstation steht ein voluminöses Service-Gebäude mit Werkstatt, Pistenfahrzeuggarage, Lager etc. Der asymmetrische Satteldachbau, der einer für die frühen 1970er-Jahre charakteristischen und der bäuerlich-voralpinen Baulandschaft angepassten Formensprache verpflichtet ist und auf dem Lischbode ein Pendant hat (Bärghus Lischbode), gehört zum Gesamtkonzept „Ferien- und Sportzentrum Eywald“ und bildet mit dem zugehörigen, nördlich der Talstation situierten Restaurant und dem nahen Schwimmbad eine (formale) Einheit.
Gesamtwürdigung
Als einer der längsten Skilifte der Schweiz zählt der im Erbauungszustand von 1968 integral erhaltene Bügellift Eywald – Lischbode des renommierten Thuner Seilbahnherstellers Willy Habegger zu den eindrücklichsten Skiliftanlagen der Schweiz. Aus seilbahntechnischer Sicht besticht die Installation nicht allein wegen ihrer Länge, sondern auch aufgrund ihrer Komplexität und der aufwändigen Kurvenlösung. Der Skilift Eywald bildete eine zentrale Komponente der wirtschaftlichen und touristischen Entwicklung der nahe der Stadt Bern gelegenen Voralpen-Gemeinde Rüschegg in den späten 1960er- und frühen 1970er-Jahren, womit ihm auch eine erhebliche tourismus- und planungsgeschichtliche Bedeutung beigemessen werden kann.
Bewertung
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Konzeption | | |
Erschliessungsidee (Vision) | | touristische Erschliessung eines bis dahin unberührten Landschaftsraumes; Nordhang |
Linienführung: Planung, Umsetzung | | sehr lange, im obersten Teil umgelenkte Linienführung: die Kurve war zwingend, um den besten Bergstationspunkt erreichen zu können |
Seilbahntechnik | | |
besondere oder typische tech. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialien | | aufwändige N-Polygon-Stützen (Entwicklung Habegger, aus sechs Stahlrohren, im Stützenpolygon treten keine Torsions- sondern nur Zug- u. Druckkräfte auf); aufwändige Zwirbelkurve mit zusätzlicher Umlenkstation |
seilbahntechnische Bedeutung: Prinzip, Hersteller | | Ende 1960er-Jahre der längste Lift der Voralpen; auch heute zählt die Anlage noch zu den längsten Skiliften der Schweiz; integral überlieferte, gut gepflegte Habegger-Liftanlage mit gewaltiger Zwirbelkurvenkonstruktion, von denen Habegger in der Schweiz nur knapp ein halbes Dutzend realisiert hatte |
Baukunst: Streckenbauwerke, Hochbauten | | |
Ingenieurbau | | kostspielige u. massive Zwischenstützen; gewaltige Konstruktion für die Umlenkstation |
Architektur | | Stationskomponenten sind frei stehend; zugehöriges, recht voluminöses Service-Gebäude mit Werkstatt, Pistenfahrzeuggarage, Lager etc.: asymmetrischer Satteldachbau, für die frühen 1970er-Jahre charakteristische u. der bäuerlich-voralpinen Baulandschaft angepasste Formensprache; mit dem zugehörigen Restaurant eine (formale) Einheit bildend |
besondere oder typische arch. Konstruktion, Ausführung, Lösung, Materialien | | Mischbauweise: massiver Sockel; Oberbau Holz |
bautypologische Bedeutung | | bedeutend als Teil des Gesamtkonzepts "Sportzentrum Eywald" |
Authentizität: materielle, ideelle Überlieferung | | |
Umfang und Qualität der ursprünglichen Komponenten | | bis auf die jüngeren (hydraulischen) Schleppvorrichtungen u. die neuen Rollenbatterie-Aufhängen integral erhalten |
Qualität der Nachrüstungen | | mechanische Schleppvorichtungen durch hydraulische ersetzt |
funktionale Unversehrtheit | | wird im Winter regelmässig eingesetzt |
Kulturgeschichte | | |
Personen, Firmen, Institutionen | - | - |
Wirtschaft, Tourismus, Verkehr, Militär | | in das Projekt wurden grosse Hoffnungen gesteckt u. entsprechende Gebiete erschlossen: zum Beispiel das Ferienhaus-Dorf Eywald; die Wirtschaftlichkeit ist ausgesprochen wetterabhängig (Föhn-Einbrüche); das Skigebiet ist attraktiv für den Grossraum Bern; Winterbeschäftigung für lokale Landwirte |
Räumliche Situation | | |
Berücksichtigung der Landschaft, der natürlichen Umgebung, des urban. Kontexts | | wegen Kurvenlösung auch gute Einpassung ins Gelände möglich; vom Gipfel wunderbare Rundsicht |
Infrastruktur | | |
touristische/betriebliche Infrastruktur | | Basiserschliessung (Wasser, Abwasser, Elektrizität) im Rahmen des Projekts; Talstationsrestaurant Eywald als Teil der Gesamtplanung; Pistenausbau |
Verkehrsnetze | | im Zusammenhang mit dem Liftneubau auch Verbreiterung der Zubringerstrasse Heubach-Eywald; Eisenbahnlinie bis Schwarzenburg, dann Bus |
Anhang 1: Technische Daten
Strecke | | |
Betriebszweck | | Touristisch |
Streckenlänge (schief) | | 2263 m |
Höhendifferenz | | 505 m |
Spurweite (auf Stützen); Bergseilseite | | 3000 mm; links |
Anzahl Stationen | | 3 |
Anzahl Stützen | | 17 |
Stützenbautechnik; Stützenform | | Stahlrohr; N-Portalstütze |
Stützen Hersteller | | 1968; Habegger |
Stützen-Rollenbatterie Hersteller | | 1968; Habegger |
Hochbauten | | |
Talstation Name; Konstruktion | | 1968; Eywald; Ohne Gebäude |
Bergstation Name; Konstruktion | | 1968; Lischboden; Ohne Gebäude |
Seile | | |
Förderseil Anzahl; Durchmesser | | 1; 33 mm |
Antrieb | | |
Antrieb Ort | | in Talstation |
Motor Hersteller | | 1968; AEG |
Antriebstyp; Motorleistung | | Drehstrom-Schleiffring-Läufermotor; 258 kW |
Getriebe Hersteller | | 1968; Kissling |
Bremsen | | |
Mechanische Einrichtungen | | |
Förderseil Spannsystem | | Gewicht Talstation |
Elektrotechnische Einrichtungen | | |
Steuerung Hersteller | | 1968; Habegger |
Fernüberwachungsanlage Hersteller | | 1968; Habegger |
Fahrbetriebsmittel | | |
Anzahl | | 160 |
Gehänge Hersteller | | 1968; Habegger |
Klemmvorrichtung Hersteller; Typ | | 1968; Habegger; Festklemme |
Förderleistung | | |
Fahrgeschwindigkeit max.; Fahrzeit | | 3.5 m/s; 10.8 Min. |
Personenleistung | | 1000 Personen/h |
Notwendiges Betriebspersonal | | 5 Pers. |
Anhang 2: Apparat
Archive |
- | SWA BS Verkehr B 706 (Skilift Rüschegg-Lischboden) |
- | IKSS Meiringen |
Quellen |
- | Willy Bühler AG, Bern (Schweiz); Erfinder Laurenz Schrötter, Sion: Seilbahn, Schweizerische Eidgenossenschaft, Patentschrift Nr. 475 870 Klassierung B 61 b 7/04, veröffentlicht 15.09.1969 |
Anhang 3: Jahrzahlen der Komponenten
Anhang 4: Relationen
Hersteller | Habegger | | Habegger Maschinenfabrik (Seilbahntechnik) | | |
Anhang 5: Bildauswahl